Stauß packt aus

Monatelang hielt uns die Corona-Pandemie fest in ihrem Würgegriff, legte ganze Branchen lahm und verschaffte anderen unerwarteten Reichtum. 

Doch nun zeichnet sich auch für den Tourismus ein Licht am Ende des Tunnels  ab und lässt mich meine Idee weiterentwickeln: An dieser Stelle werde ich unregelmäßig und ganz nach Lust und Laune Entwicklungen in meinen Lieblingsbranchen kommentieren.  Schaun Sie hin und wieder mal hier vorbei und lassen Sie mich auch gerne Ihre Themenvorschläge wissen.

 

Fachkräftemangel am 
eigenen Leib

Wer heute eine Reise tut, der kann was erleben…  zumindest gastronomisch, denn weite Teile der Hotellerie haben sich inzwischen so schlank aufgestellt, dass der Gast den Mitarbeiter-Mangel fast schon als Vorteil betrachtet: Abkassieren beim Einchecken oder gleich schon vorab digital. Dann per App, Zimmercode oder -kärtchen allein ins Zimmer. Alles gut, solange die Technik funktioniert und allemal besser als drei Leute an der Rezeption, die einen noch nicht mal freundlich begrüßen.

Küche und Service meistern da ganz andere Herausforderungen. Dennoch brachte unsere jüngste Tour auch positive Erlebnisse: den Landgasthof Deutsches Haus in Weilheim/Teck beispielsweise, ein Familienbetrieb, an dem die Stau-Umleitung direkt vorbeiführte. Hier steppte der Bär: Wanderer, Radfahrer, Familienfeier, Einheimische, die ihre Wocheneinkäufe an Wurstwaren und frischem Brot erledigten. Das Team blieb ruhig, die Küchenqualität war hervorragend, der Service flott, höchstens ein bisschen zu funktional. Hut ab, Note 1,5. 

Freundlicher und persönlicher, dafür aber etwas schwerhörig dann der Service im coolen Restaurant des me and all in Ulm. Anstelle des bestellten Salattellers mit Maultaschenbeilage brachte der authentisch schwäbelnde Kellner Maultaschen mit Kartoffelsalat, die er anstandslos umtauschte. Seine ebenfalls hoch motivierte Kollegin servierte anstelle eines kleinen ein großes Wasser, das wir aus gesundheitlichen Gründen klaglos akzeptierten und sogleich ein Foto an den Vertreter von Fachingen posteten. Die Küchenleistung überraschte positiv, und für die Kommunikationsprobleme fand mein Gatte die Erklärung: die Bässe im Hintergrund. Note: 1,5.

Einsichtig umgetauscht wurde am nächsten Morgen auch der servierte Cappuccino in einem Café in Ravensburg, der anstelle des bestellten schwarzen Kaffees gebracht wurde. Hier liefen keine Bässe, die nette Kellnerin hatte sogar extra nachgefragt, ob es wirklich schwarzer Kaffee sein sollte. Vier verschiedene Bestellungen am Tisch führten jedoch zur Überforderung. Schlecht für den Wareneinsatz.

Die deutlichsten Spuren hinterließ der Fachkräftemangel an unserem Ziel, einem 4 Sterne superior Hotel im Allgäu. Wer das Restaurant nicht nach dem leckeren Salatbüffet verließ, beging einen Fehler. Die weiteren HP-Gänge bestanden u.a. aus einer eher geschmacksneutralen Suppe und einem Hauptgang, dessen Beilagen in den seltensten Fällen mit den am Morgen angekreuzten Gerichten übereinstimmten. Die Teller erreichten den Gast lauwarm. Das international zusammengewürfelte Serviceteam konnte sich vermutlich nicht einmal untereinander verständigen, geschweige denn mit den Gästen und eilte kopflos durch die Räume. Eine Weinkarte wurde niemals angeboten, die Weinempfehlung zum Menu war jeden Tag dieselbe. Wer eine Flasche bestellte, hatte sie pünktlich zum Dessert am Tisch und nahm sie am besten gleich mit aufs Zimmer. Denn die Kellner waren dann bereits mit dem Eindecken fürs Frühstück beschäftigt, die Bar geschlossen. Hier fehlte es weniger an der Motivation, denn an einem guten Geist für Gästekontakt und Mitarbeiter-Koordination – und einem weniger experimentierfreudigen Koch.

Dann doch lieber ins Restaurant des Golfclubs Steibis, mit bodenständig deutsch-polnischer Küche und einer fröhlichen jungen Dame, die stets zum richtigen Zeitpunkt nach weiteren Wünschen fragte. Auch wenn der erste Weißburgunder nicht – wie versprochen – trocken war. Aber mit solchen Kleinigkeiten wollen wir hier gar nicht langweilen: Note: 1 minus.